Der Arzt als Zeuge vor Gericht (1)

vorgestellt von Thomas Ax

Im Zivilverfahren ergibt sich das Zeugnisverweigerungsrecht des Arztes aus § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (Zivilprozessordnung). Hiernach sind Personen zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in Betreff der Tatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht. Nach § 383 Abs. 3 ZPO ist die Vernehmung von Ärzten, auch wenn das Zeugnis nicht verweigert wird, „auf Tatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, dass ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugnis nicht abgelegt werden kann.“ Die Schweigepflicht des Arztes wird im Strafverfahren flankiert durch dessen Zeugnisverweigerungsrecht – der Patient soll und muss darauf vertrauen können, dass der Arzt auch vor Gericht nicht aussagt. Sofern der Arzt in einem Strafverfahren als Zeuge geladen wird, ergibt sich sein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO (Strafprozessordnung). Hiernach sind Ärzte zur Verweigerung des Zeugnisses über das berechtigt, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Arzt anvertraut wurde oder bekannt geworden ist. Nach § 53 Abs. 2 StPO darf der Arzt das Zeugnis hingegen nicht verweigern, wenn er von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden ist. Steht einem Arzt ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, so obliegt es ausschließlich seiner freien Entscheidung, ob er sich nach Abwägung der widerstreitenden Interessen zu einer Zeugenaussage entschließt. Lehnt der Patient es ab, den Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, oder widerruft er eine frühere Entbindungserklärung, so hat er keinen strafprozessualen Anspruch darauf, dass der Arzt die Aussage verweigert. Das gilt auch dann, wenn sich dieser durch seine Angaben nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar macht. Eine nicht strafbare Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht kommt allerdings dann in Betracht, wenn von einem rechtfertigenden Notstand im Sinne des § 34 StGB („Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Ab-wägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“) ausgegangen werden kann. Dies ist im Einzelfall zu prüfen, wobei sich zur eigenen Absicherung empfiehlt, vorab die Dienste eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.